Perspektiven und Grundlagen einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Wirtschaft
In den vergangenen Jahren haben sich auf der Basis meiner wissenschaftlichen Arbeit und meiner Mandate in der freien Wirtschaft bei Unternehmen verschiedener Größen und Branchen einige Erkenntnisse ergeben und Trends im Kontext von Nachhaltigkeit und Klimaschutz herausgebildet. Diese werden nachfolgend als Thesen dargestellt und in unregelmäßigen Abständen ergänzt.
1. Nachhaltigkeit, Klimaschutz und unternehmerisches Gewinnstreben sind grundsätzlich miteinander vereinbar
Die ökonomische und ökologische Transformation schafft erwiesenermaßen neue Technologien und somit neue Unternehmen. Diese Unternehmen erhalten neue Absatz- und Gewinnmöglichkeiten. Für Investoren bedeutet dies neue Anlagemöglichkeiten. Für Arbeitnehmer werden neue Jobs in innovativen und zukunftssicheren Branchen geschaffen. Bestehende Unternehmen können ihr Angebotsportfolio erweitern und sich zukunftssicher aufstellen.
2. Unternehmensinterne Prozesse digitaler gestalten
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass in vielen Bereichen der deutschen Wirtschaft das Arbeiten von zuhause (Home Office) und virtuelle Meetings ein adäquater Ersatz für eine permanente Präsenz vor Ort sind. Selbst Unternehmen, die einst skeptisch waren, mussten (wenn auch machmal notgedrungen) auf digitale und virtuelle Lösungen vor allem in den administrativen Tätigkeiten umsteigen und haben damit meist gute Erfahrungen gemacht. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten konnten digitale Prozesse auch von zuhause erledigt werden. Die Digitalisierung weiterer Prozesse wurde forciert.
3. Dienstreisen auf den Prüfstand stellen und Kosten einsparen
In den letzten Jahren wurde der Anteil der dienstlichen Reisen reduziert. Dies machte sich auch auf der Kostenseite von Unternehmen bemerkbar. Alleine aus diesem Grund wird es kein Zurück in die Zeit vor der Pandemie geben, da Unternehmen Kosten einsparen und CO2-Emmissionen einsparen wollen. Vor allem die Meetings zwischen Personen von unterschiedlichen Standorten und Niederlassungen werden weiterhin zum größten Teil digital ablaufen. Auch Präsentationen für andere Unternehmen im Vorfeld von Vertragsverhandlungen werden weiterhin meist virtuell gegeben. Inwieweit Industrie- und Verbrauchermessen ihr Angebot in Zukunft auch flankierend im digitalen Rahmen anbieten, bleibt abzuwarten.
4. Eisenbahninfrastruktur ausbauen und Güterverkehr auf die Schiene verlagern
Die Eisenbahninfrastruktur in Deutschland (aber auch in der EU) muss weiter ausgebaut werden, um Güter auf die Schiene verlagern zu können. Mit diesem Ausbau kann das Angebot für Versender, Empfänger und Kunden der Eisenbahnverkehrsunternehmen verbessert werden. Somit kann die Verlässlichkeit für Versorgungs- und Transportprozesse in der Logistik und der Supply Chain zwischen verschiedenen Unternehmen sowie in der Intralogistik innerhalb eines Unternehmens gesteigert werden.
Die Finanzierung der Ausbau- und Neubauprojekte auf der Schiene muss noch mehr auf der Basis von Querfinanzierung aus anderen Einnahmen im Verkehrsbereich fokussiert werden. Darunter fallen vor allem die Einnahmen aus der Mineralölsteuer und der Lkw-Maut. Die Schweiz hat es in diesem Punkt schon vor über 30 Jahren vorgemacht. Mit der Einführung der Leistungsorientierten Schwerverkehrsabgabe (LSVA) für den Straßengüterverkehr konnten in den letzten Jahrzehnten Infrastrukturprojekte vor allem im alpenquerenden Gütertransitverkehr finanziert werden. Dazu zählt vor allem der Bau des neuen Gotthard-Basistunnels und des Lötschberg-Basistunnels, die beide bereits in Betrieb gegangen sind.
Bei der Finanzierungsfrage gilt: Die Internalisierung externer Kosten im Verkehrssektor, die gleichmäßig auf alle Verkehrsträger angewendet wird, ist ein erster Schritt in Richtung einer Kostenwahrheit im Verkehr, von der auch der Güterverkehr betroffen sein wird.
5. Arbeitsplätze in strukturschwachen Gebieten schaffen, ländliche Räume stärken
Die Struktur der deutschen Wirtschaft hat sich in den vergangenen Jahren geändert. Mit dem fortschreitenden Boom im Onlineversandhandel und der Bedeutung von (Intra)Logistikprozessen ist die Bedeutung von Transportdienstleistungen gestiegen. Dies gilt nicht nur für den B2B-Kontext, sondern auch für den B2C-Bereich. Hier sind Kurier-, Express- und Paketdienstleistungen (KEP-Services) von immer größerer Wichtigkeit. Für all diese Prozesse im Transportbereich entstehen neue Unternehmensstandorte mit Zentrallägern, Regionallägern und Verteilzentren (Distribution Center). Diese Standorte sind naturgemäß flächenintensiv und können daher nicht in den urbanen Agglomerationräumen entstehen. Hier bieten sich die strukturschwachen Räume in Deutschland an. Sofern Standorte in diesen Regionen mit flankierenden standort- und raumpolitischen Maßnahmen sowie Konzepten der regionalen Wirtschaftsförderungen entwickelt werden können, entstehen hier Arbeitsplätze in signifikanter Zahl. dies hat zur Folge, dass Pendlerfahren in städtische Regionen nicht mehr wie bisher nötig werden und die Kosten für die Arbeitnehmer durch kürzere Pendelfahrten verringert werden. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen werden nicht mehr gezwungen, aus dem ländlichen Raum wegzuziehen. Dies führt zu mehreren positiven Folgeerscheinungen: die sozio-ökonomischen Bedingungen im ländlichen Raum verbessern sich, weil der Bevölkerungswegzug durch das Arbeitsplatzangebot verringert wird und die regionale Wirtschaft wird dadurch gestärkt. Der Lebensmittel- und Facheinzelhandel hat mehr potenzielle Kunden und muss somit keine unrentablen Standorte schließen.
Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass vor allem die Logistikbranche mit ihrer flächenintensiven Struktur einen herausragenden Anteil zur wirtschaftlichen Stärkung und sozioökonomischen Stabilisierung der strukturschwachen Räume in der Bundesrepublik leisten kann.
6. Regionale Wirtschaftskreisläufe fördern, Wohlstand sichern
Eine weitere Erkenntnis aus unsicheren Zeiten ist die, dass globale Lieferketten fragil in der Versorgung von produzierenden Unternehmen innerhalb der Supply Chain sind. Die Versorgung von Konsumartikeln und Lebensmitteln bzw. deren Vorprodukten, von Rohstoffen, Vorprodukten und Komponenten muss in einer führenden globalen Volkswirtschaft sichergestellt sein. Daher muss vor allem im Lebensmittelbereich die Bedeutung der nationalen und regionalen Produktion zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit hervorgehoben werden. Regionale Distributionssysteme und Wertschöpfungskreisläufe bieten sich ferner vor allem in den Schwerpunkten Industrie und Handwerk sowie bei Handel und Landwirtschaft an. Hier bestehen vielfältige gegenseitige Geschäftsmöglichkeiten zur Erzielung von Umsätzen im Inland. Davon profitieren wiederum weitere Branchen, die auf den Standort Deutschland angewiesen sind, wie z. B. der Tourismus. Durch stärkere regionale Verflechtungen der Unternehmen können Transportkosten nachhaltig gesenkt und CO2-Emmissionen verringert werden.
7. KEP-Services und Elektromobilität auf der Last Mile
Die Delivery-Prozesse im KEP-Bereich werden stetig weiter optimiert. Für die Kunden bzw. Empfänger bedeutet dies nicht nur neue digitale Services, wie z. B. Tracking and Tracing-Informationen. Es heißt auch mehr Möglichkeiten im Angebot von Same Day Delivery. Dies stellt höhere Anforderungen an die Anbieter und Händler und deren Bestell-, Kommissionierungs- und Versandprozesse. In der Folge ist mit höherem Lieferverkehr in den urbanen Zentren zu rechnen. Um hier die Klimabilanz der Unternehmen zu verbessern, gleichzeitig aber das Angebot für die Kunden auf einem hohen Level zu halten, muss die Art der Auslieferung konsequent auf Elektromobilität umgestellt werden. Dies schont Ressourcen und senkt die Emissionen in den ohnehin belasteten Ballungszentren.
8. Auf die kleinen Schritte kommt es an
Durch viele kleinere und diversifizierte Maßnahmen können große Fortschritte in Richtung einer Klimaneutralität der deutschen Wirtschaft erreicht werden. Diese schaffen Arbeitsplätze für Menschen, Wachstumschancen für Start-Ups und etablierte Unternehmen sowie Möglichkeiten für Investoren. Im privaten und unternehmerischen Bereich kann das der Ausbau von Photovoltaik (insbesondere auf den Dächern großer Gewerbeimmobilien wie Logistikzentren), Windenergienutzung, Blockheizkraftwerken oder Biogasanlagen sein, der Aufbau einer Wasserstofflieferkette, die Förderung von Elektromobilität und alternativen Kraftstoffen, die Entwicklung von Speichertechnologien, die Nutzung von umweltzertifizierten Baustoffen, die Schließung von Materialkreisläufen bei Konsumgütern, Handwerk und Bauwirtschaft sowie die Produktion und die noch stärkere Nutzung von recycelbaren Verpackungen im Lager- und Transportbereich.
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